Das Ding mit der "Lactoseintoleranz"...
Seit einigen Jahren spricht sich herum und
hält sich hartnäckig die "Information", dass Heimtierratten generell unter
einer Lactoseintoleranz leiden würden, bzw. dass dies die Regel sei.
Ausnahmen seien selten. Zusätzlich wird eine fast fanatische Angst vor
Milchprodukten mit dem Hinweis geschürt, man würde einer Ratten die mit der
Lactoseintoleranz verbundenden Qualen überhaupt nicht ansehen.
Es gibt nicht eine einzige, mir bekannte,
wissenschaftliche Quelle, die diese generelle Lactoseintoleranz bestätigen,
erklären oder auch überhaupt nur erwähnen würde.
Alles, was mir mal verlinkt wurde, als ich nach einer Quelle fragte, war eine
"Studie" in der die Versuchsratten mit einer Diät die nahezu ausschließlich aus
Lactose bestand ernährt wurden.
Hierbei traten dann gesundheitliche Defizite auf, die aber soweit ich mich
recht erinnere nicht einmal mehr den Verdauungstrakt betrafen (ich weiß es aber
nicht mehr genau).
Dass es nicht gesund sein kann Ratten mit irgendeinem Nähstoff in Reinform zu
füttern hat mich nun nicht so sehr überrascht.
Weder in einem der zahlreichen Bücher über Rattenhaltung noch in
tiermedizinischer Fachliteratur wird eine Lactoseintolleranz von Ratten
angesprochen.
Sowohl bei Hinweisen zur Ernährung als auch bei der Differentialdiagnostik von
Leitsymptomen wie Durchfall, Aufblähung usw. müßte eigentlich auf einen
derartigen Umstand hingewiesen werden.
Wird ein Fertigfutter für Ratten als Hauptfutter genutzt, welches bereits
tierisches Protein enthält, dann ist das zusätzliche Füttern von Milchprodukten
ohnehin unnötig.
Möchte man das Hauptfutter selbst zusammenstellen wird man tierische Proteine
in der Regel in Form von Fleisch, Fisch, Insekten aber vor allem Milchprodukten
zugeben.
All die Jahre hatte keine mir bekannte Ratte weder in meinem eigenen Bestand
noch im Freundes- oder Bekanntenkreis je ein Problem mit der Verdauung von
Lactose.
Auch ist mir beruflich kein Fall bekannt in dem eine Ratte mit
Verdauungsproblemen in die Praxis kam, welche auf Lactoseintoleranz
zurückgeführt werden konnte.
Wie oben angesprochen wird oftmals die Behauptung aufgestellt, dass die mit der
Lactoseintoleranz verbundenen Qualen für den Halter unsichtbar seien.
Das Ratten wahre Meister darin sind Schmerzen zu "verstecken" ist richtig.
Allerdings bedeutet dies nicht, dass es dem aufmerksamen Rattenhalter
grundsätzlich unmöglich ist das Leiden seiner Nasen zu erfassen.
Bei einer massiven Lactoseintoleranz wäre Durchfall (seltener Verstopfung)
unübersehbar.
Ein Vierbeiner empfindet Schmerzen im Bauchbereich i.d.R. als quälender als der
aufrecht gehende Mensch.
Bauchschmerzen sind für einen aufmerksamen Rattenhalter also durchaus zu
erfassen, auch wenn kein Durchfall vorhanden ist.
Es käme ggf. zu Appetitlosigkeit und/oder Apathie. Ein schmerzender Bauch fühlt
sich beim Abtasten hart an, ebenso ein aufgeblähter.
Herz- und Atemfrequenz steigen für gewöhnlich schmerzbedingt an. Auch dies wäre
wahrzunehmen.
Klinische Gesundheit wird so definiert, dass keine gesundheitliche
Beeinträchtigung festzustellen ist. "Unwohlsein" ist entweder auf erfassbare
körperliche Symptome zurückzuführen oder anhand von Verhaltensänderungen zu
erkennen.
Ist der Kot unauffällig, der Appetit ungestört, das Verhalten des Tieres nicht
im geringsten Maße verändert, Atmung und Puls im Normbereich, keine auffälligen
Geräusche im Darmbereich wahrnehmbar usw., dann darf man als Halter auch davon
ausgehen, dass es dem Tierchen gut geht.
Dass eine Ratte unter Bauchschmerzen leiden kann ohne dass der Halter auch nur
die geringste Chance hat dies zu erkennen schließe ich aus.
Es geht mir aber nicht
darum gänzlich auszuschließen, dass Lactoseintoleranz bei Ratten vorkommt.
Sicherlich ist dies möglich und im Falle einer Intoleranz sollte die Gabe von
Milchprodukten selbstverständlich auf Minus-L-Produkte beschränkt oder
unterlassen werden.
Ich möchte eben nur anzweifeln, dass diese Verdauungsstörung derart
selbstverständlich und "unsichtbar" ist wie häufig behauptet wird.